"... möchten verbrennet werden"
Ausgrenzung und Gewalt gegen Ketzer, Juden, Hexen
... auch in der hessischen Geschichte
 
Hexenverfolgung: Tödliche Ausgrenzung mit System
 
Tafel 19: Mitleidlose Gesellschaft - "Rechtliche Bedenken"

In dem zum Amt Herborn gehörenden Dorf Bicken gerieten 1630 Fritz Steubing und seine Frau ins Visier der Hexensucher. Die Anklageschrift gegen Gertraud Steubing enthält neben den standardisierten Zaubervorwürfen hauptsächlich neidvolle Vorwürfe gegenüber dem reichen, vor 20 Jahren neu hinzugezogenen Steubing und seiner Frau. So heißt Punkt 85, es sei: Wahr, dass sie auch mit aller ihrer Nachbahrn Verwunderung undt Befremptung groß Reichtuhmb erworben haben. - 86. Wahr, dass Fritz sich dessen auch gerühmet und gesagt, Er hette ein gülten Weib [...] da die ein Heller uff ein Dach würffe, dass dan ein Goldgülten herunder fielle. Welche Vorgänge diesem Hass zugrunde liegen, kann man aus Nr. 87 schließen, wo die Rede von Fritz Ohnersättigkeit ist und den schädlichen Listen, deren er sich in den Augen seiner Nachbarn - und auch gegen sie ..... - bedient.

Trotz verzweifelter Bemühungen ihres Mannes wurde Getraud - obwohl nicht die erforderlichen Indizien vorlagen - durch Folter zu einem Geständnis gebracht und schließlich hingerichtet. Entscheidend für die Überzeugung von der Schuld Gertrauds war auch, daß schon ihre Mutter und Großmutter - diese vor fünfzig Jahren! - im Verdacht der Zauberei gestanden hatten.

 

Bittschrift Herborner Bürger vom 18. Dezember 1630 Herborn, Mitte des 17. Jahrhunderts Anklageschrift gegen Gertraud Steubing, 1630 Bittschrift des Lehrers Philipp Mohr aus Herborn an den Grafen Ludwig Heinrich von Nassau-Dillenburg, 1630 Auszug aus der Verteidigungsschrift des Herborner Schultheißen Fritz Karpf Titelseiten zweier Ausgaben der 1631 erschienenen "Cautio Criminalis" Friedrich Spee (1591-1635)

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Anklageschrift gegen Gertraud Steubing, 1630 (HStA Wiesbaden, 369/27).