Viehhandel und Gewerbe
Viehhandel und Gewerbe
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Wichtigste Verdienstquelle der Juden in der Frühen Neuzeit war der Viehhandel. Handelsobjekte waren Rindvieh und Pferde. Das Geschäft wurde auf Jahr- und Wochenmärkten per Handschlag abgeschlossen. Später musste der Vertrag protokolliert werden. Die jüdischen Händler gewährten ihren Kunden bei der Bezahlung gewisse Fristen; Zinsen (mit Ausnahme von Verzugszinsen) waren selten. So wurden sogar einige Juden, die ein hohes Vertrauen genossen, zur Festlegung der Markttermine der Viehmärkte, z. B. in Beerfelden, hinzugezogen.
Da die religiösen Vorschriften Juden nur den Verzehr von koscherem, geschächtetem Fleisch erlauben, schlachteten die Juden selbst. Unkoscheres, überschüssiges Fleisch und Häute wurden weiterverkauft, was oft zu Beschwerden der Metzgerzünfte bei der Obrigkeit führte.
Daneben konnten Juden ärztliche Funktionen übernehmen. Auch wenn Judenärzte eigentlich verpönt waren, wurden sie doch von vielen wegen hoher Erwartungen an ihr magisches Können beansprucht. Darüber hinaus konnten einige Juden ermittelt werden, die sich als Drucker, Uhrmacher, Glaser und Seifensieder betätigten – Berufszweige, die von Zünften nicht besetzt waren.
Weitere Gewerbe konnten Juden dann ausüben, wenn es um den eigenen Bedarf ging oder wenn sie – etwa als Hoffaktoren für einen herrschaftlichen Hof – über besondere Privilegien und Gestattungen verfügten. Dies galt etwa für den Münz-, Lotterie-, Getränke-, Salz- und Tabakhandel. Zugelassen waren auch innergemeindliche Ämter wie die der Gemeindevorsteher, Vorsänger, Schullehrer oder „Schulkopfer“. Für diese Berufe konnten sie sogar vom Schutzgeld befreit werden, da es keine gewinnbringenden Tätigkeiten waren.
Viehhandel und gewerbe
12.11.07
Darstellung eines jüdischen Viehhändlers, um 1820, aus: Peter Dittmar, Darstellung der Juden, 1992, Abb. 201, S.351.
(15.2)
11. August 1805
Vorschriften über die Protokollierung von Viehhändeln zwischen Juden und Christen in der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt
Überlieferung: Druckexemplare im Staatsarchiv Darmstadt, R 1 A Nr. 45/193, und G 26 A Nr. 128/26
Von Gottes Gnaden Ludewig X., Landgraf zu Hessen […].
Wir fügen hiermit zu wissen: Nachdem durch den ersten und zweiten Paragraphen des für unsere landgräflichen Lande am 29ten November 1769 ergangenen Kontraktenregelement* verordnet worden [ist], dass alle außer[halb] denen öffentlichen Jahrmärkten sich ereignende
Viehkauf- und Tausch[-Verträge] dem Unterbeamten oder in dessen Ermanglung dem Schöffen, Bürgermeister, Vorsteher oder Heimbürger, so die Aufsicht im Ort hat, angezeigt und von diesem protokolliert werden, im Unterbleibungsfall aber der Handel auf erhebende Klage von dem Beamten als ungültig sogleich aufgehoben werden und die inländischen Käufer und Verkäufer dazu noch von geringen Händeln auf 10 Gulden Wert, 30 Kreutzer, von größeren Händeln 1Gulden Strafe erlegen sollen; anbei durch eine weitere, am 26ten Juli 1783 ergangene Verordnung** jenes Reglement dahin abgeändert und restringiert [=beschränkt] worden [ist], dass solches nur bei solchen Viehhändeln, wo entweder
1. auf Borgen oder Termin Zahlung gehandelt, oder
2.eine gewisse Qualität des verkauften Viehes [aus]bedungen,
3. für besondere sonst nicht wandelbare Mängel garantiert, oder
4. auf die Eviktionsleistung [=Ersatz] für die gewöhnliche, wandelbare Hauptmängel renunciiert [=verzichtet] wird, und
5., wo ein Jude mit einem Christen handelt, gelten solle;
in Ansehung dieses fünften Falls aber uns zur Kenntnis gekommen [ist], dass die unsern christlichen Untertanen dadurch unbeschränkt gelassene Freiheit, von mit Juden eingegangenen Viehhändeln wieder abzugehen, missbraucht werde; weniger nicht wir in Ansehung derjenigen Viehhändel, wo beide Kontrahenten Juden sind, sachgemäß gefunden haben, dass diese ebensowohl als die bloß unter Christen geschlossen werdende außer [zu]vor bemeldeten vier ersten Fällen von der durch gedachtes Kontraktenreglement verordneten Protokollierung befreit sein sollen.
Als[o] setzen, ordnen und wollen wir, dass
1. es zwar im allgemeinen bei der Verordnung, dass jeder Viehhandel zwischen Christen und Juden protokolliert werden solle, sein Verbleiben behalte und die Zeit, binnen welcher die Protokollierung geschehen solle, auf 24 Stunden, von der Zeit des geschlossenen Handels an gerechnet, festgesetzt werde, dass jedoch
2. die auf den Unterbleibungsfall in dem § 2 des Kontraktenreglements vom 29ten
November 1769 gesetzte poena nullitatis [=Strafe der Nichtigkeit] keine Anwendung finden solle, wenn
a. der Viehhandel schon erfüllt worden, oder
b. der eine Teil die Sollennisierung [=feierlicher Abschluss] und Vollziehung des Handels verweigert, der andere Teil aber bei dem einschlägigen Beamten oder wenigstens bei dem Ortsschultheißen davon, dass er den Handel protokollieren zu lassen erbötig gewesen, der andere es aber verweigert habe, in den ersten zweimal 24 Stunden, von der Zeit des geschlossenen Handels an gerechnet, Anzeige getan habe, sodann sich dieserthalben legitimiere und innerhalb acht Tagen, von erst gedachter Anzeige an gerechnet, den ändern Teil auf die Vollziehung und Erfüllung des Handels bei der einschlägigen Gerichtsstelle wirklich belange, als in welchem Fall der obgleich nicht protokollierte, jedoch sonst auf eine rechtsgehörige Weise erwiesen werdende Viehhandel, insofern der dessen Vollziehung verweigernde Teil nicht gehörig erweiset, dass ein Betrag von dem Gegenteil [=Prozessgegner]in der Sache begangen worden, verbindlich sein, und der verweigernde Teil dazu noch die in dem § 2 des Kontraktenreglements bestimmte Strafe erlegen solle.
3. Dass die bloß unter Juden getroffen werdenden Viehhändel gleich denen unter
Christen, nur in denen in der Verordnung vom 26ten Juli 1783 gesetzten vier ersten
Fällen protokolliert zu werden brauchen.
*Gemeint ist eine Verordnung Landgraf Ludwigs IX. über die Beurkundung von Verträgen, Inventaren und Erbteilungen vom 29. November 1769, Staatsarchiv Darmstadt, R 1 A Nr. 25/107.
**Gemeint ist eine Verordnung vom 26. Juli 1783 Juli 26, Staatsarchiv Darmstadt, R l A Nr. 45/193.
Erläuterung: Der Abschluss von Viehhandelsverträgen zwischen Juden und Christen hatte in der Frühen Neuzeit eine wichtige wirtschaftliche Funktion: Juden konnten angesichts ihrer weit verzweigten geschäftlichen Beziehungen das notwendige Vieh für die Landwirte beschaffen, während diese Letzteren sich kompliziertere Markterkundigungen ersparen konnten. Beide Teile verdienten daran. Die Viehgeschäfte wurden gewöhnlich auf den Viehmärkten abgeschlossen, z.B. in Beerfelden im Odenwald. Juden wurden vielfach geradezu als „Viehjuden“ bezeichnet, weil das Viehgeschäft im Laufe der Zeit zu einem ihren wichtigsten Einnahmequellen wurde. Die landesherrliche Obrigkeit hatte ein Interesse an der Kontrolle dieses Geschäfts. Um die befürchtete Übervorteilung der christlichen Bevölkerung zu vermeiden, wurden genaue Vorschriften über die Protokollierung der Geschäfte erlassen. Dies war in Hessen-Darmstadt nicht anders als in anderen Ländern.
Exponate:
15.1. Viehmarktordnung Ludwigs Graf zu
Erbach für Beerfelden mit Bestimmungen
zu jüdischen Maklern
Artikel 40 legt fest, wann ein jüdischer Makler (Schmußjude) auf dem Markt zugelassen wird und so zum Zustandekommen eines Geschäfts beitragen darf und wie groß sein Anteil am Viehhandel
(Schmußgeld) ist. 1778, zeitgenössischer Druck auf Papier (Heft): StAD, E 10 Nr. 909 (Or.)
15.2. Landgräflichhessische Verordnung über die Protokollierung von Viehhandels-
geschäften
Viehhandelsgeschäfte zwischen Juden und Christen mussten innerhalb von 24 Stunden vor dem örtlich zuständigen Unterbeamten protokolliert werden. Bei Unterlassung muss eine Strafe gezahlt werden und der Handel wird ungültig.
1805, zeitgenössischer Druck auf Papier: StAD, R 1 A Nr. 45 / 193 (Or.)
15.3. Verordnung über die Protokollierung
von Viehhandelsgeschäften in der
stolbergischen Herrschaft Gedern
Auch in der Herrschaft Gedern mussten alle von Juden getätigten Viehgeschäfte vor Gericht protokolliert werden, um die stolbergischen Untertanen vor Übervorteilung zu schützen.
1805, zeitgenössischer Druck auf Papier: StAD, E 3 V Nr. 1 / 27 (Or.)
15.4. Eidesformular für Juden zum Ge-
brauch vor dem Stadtgericht Baben-
hausen
Die zahlreichen gerichtlichen Klagen von und gegen Juden, besonders bei Vieh- und
Pfandleihgeschäften, mussten mit einem spezifischen jüdischen Eid bekräftigt werden. Der Wortlaut aus dem Babenhäuser Gerichtsbuch ist dafür repräsentativ.
1426, Eintrag in Gerichtsbuch: StAD, C 4 Nr. 23 / 4 Bl. 76v
15.5. Verhandlung zwischen jüdischen
Händlern
Die beiden am gelben Ring auf der Kleidung als Juden erkennbaren Personen geben uns eine Vorstellung vom Aussehen jüdischer Händler, wie sie auf der Frankfurter Messe auftraten, im Rahmen der Kleiderordnung der Zeit.
ca. 1516, Einblattdruck Peter Schöffers aus Mainz, entnommen aus: Benzing, Ein Frankfurter Messeflugblatt, 1973, nach S. 48 (Ausschnitt)
16.1. Schlachtordnung für die Darm-
städter Juden im Zunftbrief der Metzger
Nach § 34 der Ordnung dürfen die Juden nur während eines gewissen Monats selbst schlachten. Danach müssen sie ihr Schächtmesser abgeben. Die Metzger wiederum haben die Juden zu dieser Zeit mit genügend Fleisch zu versorgen.
1721, Papierheft: StAD, E 10 Nr. 1103 (1) (gleichz. Abschrift)
16.2. Landgräflichhessisches Reskript
über Viehschlachtungen und Fleisch-
verkauf der Juden
Juden dürfen nach diesem von Landgraf Ernst Ludwig an Amtmann Faber zu Dornberg gerichteten Reskript nur zu ihrem eigenen Bedarf schlachten. Das nicht koschere Fleisch sollen sie viertel-, aber nicht pfundweise weggeben können.
1718, Aktenstück: StAD, R 1 A Nr. 41 / 135 (Entwurf)
16.3. Erlaubnis der Viehschlachtung (Schächtung) gegen Gebühr
Die von Landgraf Ludwig VIII. der Judensch-
aft gegebene Erlaubnis zur dauernden Viehschlachtung wird von der Entrichtung gestaffelter Gebühren abhängig gemacht, die tabellarisch aufgelistet werden.
1762, Aktenstück: StAD, R 1 A Nr. 43 / 39 (Abschrift)
16.4. Jüdische Schächtungszene
Das Schächten (schechita) war nach der Halacha (dem jüdischen Recht des Talmud) die einzig erlaubte Schlachtmethode für zum Verzehr bestimmte Tiere. Dabei hatte der Schächter (schochet) mittels Messer die Halsschlagader durchzutrennen.
1749, Kupferstich, entnommen aus: J. Christoph Bodenschatz, Kirchl. Verfassung der heutigen Juden, Frankfurt / Leipzig 1749 (Foto)
16.5. Schächtung und Verkauf des
unkoscheren Fleisches zu Darmstadt
Nach diesem an das Oberamt Darmstadt und die Obergrafschaft gerichteten
Generalreskript Landgraf Ludwigs VIII. v. Hessen-Darmstadt durften Juden in ihren Häusern schächten und das nichtkoschere Fleisch verkaufen.
1750, Aktenstück: StAD, R 1 A Nr. 43 / 11 (Abschrift des Entwurfs)
17.1. Ein „Judenarzt“ Jakob aus
Schleusingen als Bürge zu Friedberg
Die Ausübung des (akademischen) Arztberufs war Juden erlaubt, und als Ärzte waren sie vielfach hoch geschätzt. Der Friedberger Jude Lew Eisenmann stellte einen solchen in einem „Urfehdebrief“ als Bürgen zur Entlassung aus der Gefangenschaft.
1562, Bucheintrag: StAD, C 1 A Nr. 178 Bl. 223– 224v (Or.)
17.2. Juden als Handwerker, Künstler und
Bauern
Da Juden nur wenige Berufe ausüben durften, rät hier in der Revolutionszeit ein Bürger den Juden, sich vom Wuchergeschäft abzuwenden und neue Berufe zu ergreifen: Handwerck, Kunst, Ackerbau muss euer Nahrung sein.
1790, Kupferstich aus Flugschrift „Les Juifs d’Alsace“: ULB Darmstadt, L 2788 (Kopie)
17.3. Nachricht über jüdische Glaser
In einer Supplik der Stadt Geisa an den Statthalter in Fulda beschwert sich die Bürgerschaft über den unerlaubten Zuzug weiterer Juden. Zugelassen seien bisher nur zwei Juden, die sich allein des Fenster- und Scheidenmachens ernehren.
1588, Aktenstück: StAD, F 23 A Nr. 443 / 2 (Or.)
17.4. Verzeichnis der von Rödelheimer
Juden geschuldeten Steuern
Die 65 in Rödelheim wohnenden jüdischen Familien, unter ihnen auch ein Drucker und ein Tuchmacher, hatten 1775 noch eine Gesamtsteuerschuld von etwa 735 Gulden gegenüber der Regierung in Rödelheim zu erbringen.
1775, Aktenstück: StAD, F 24 C Nr. 597 / 1 (10) (Or.)
17.5. Verkaufsbrief des Schutzjuden
Benjamin von Schönberg über eine
Ölmühle
Juden konnten wie andere Untertanen am Geschäftsverkehr teilnehmen. Obwohl Beschränkungen bestanden, verfügten sie auch über Grundbesitz, falls sie im Wege einer Pfandverwertung daran Eigentum erlangt hatten.
1697, besiegeltes Aktenstück: StAD, E 9 Nr. 1962 (Or.)
17.6. Bestrafung eines Juden wegen
Teilnahme an einem Lotteriegeschäft
Juden hatten, da sie wenig Möglichkeiten der gewerblicher Betätigung hatten, schon früh im Lotteriegeschäft Fuß gefasst. Nach der hier ausgestellten Akte wurden Moses Elsasser und Josef Jakob wegen verbotener Teilnahme an der Mainzer Lotterie bestraft.
1772, Aktenstück: StAD, F 24 C Nr. 406 / 4 (2) (Or.)
17.7. Verordnung zur Förderung des
jüdischen Handwerks
In der Aufklärungszeit gab es Bestrebungen, die Juden neuen Berufen zuzuführen, um sie zu „nützlichen Einwohnern eines Staats“ zu machen. Daher sollten sie auch schickliche Künste, Professionen und Handwercke ausüben dürfen.
1785, Aktenstück: StAD, R 1 A Nr. 45 / 57 (gleichz. Kopie)
17.8. Aufnahme eines „Judenarztes“ in
den Hofdienst
Der „Judenarzt“ Beifuß wird in diesem Privileg von Kurfürst Uriel von Mainz zu einem Rabbi, Hofmeister (=Hochmeister ?) und „Korrigierer“ aller Juden des Kurfürstentums aufgenommen. Damit erhielt er, wie auch andernorts gebräuchlich, das Amt eines „Judenvorgängers“.
1513, Bucheintrag: StAD, C 1 A Nr. 73 Bl.1 26v– 127v (Abschrift)
(17.7)
29. Oktober 1785
Bemühungen um Verbesserung der beruflichen Voraussetzungen für Juden in der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt
Überlieferung: Entwurf im Staatsarchiv Darmstadt, R 1 A Nr. 45/57
Ludwig [VIII. Landgraf von Hessen]. L[iebe] G[etreue]. Die lange Reihe von veränderten Umständen und Verhältnissen macht in Ansehung der Juden, vornehmlich auch, was ihre Gewerbe- und Nahrungsart betrifft, eine ganz andere als die bisherige Behandlung und Leitung notwendig, und es ist einleuchtend, weil nicht alle Verlag, Kredit, Gelegenheit, manche auch offenbar keine Kenntnisse und Geschick dazu haben. Alle diejenige, welchen es an ein- oder anderer dieser Erfordernisse oder gar an allen fehlet, müssen sich also für Arbeiten aller Gattung, für schickliche Künste, Professionen und Handwerker bestimmen, wenn sie anders nicht nur unschädliche, sondern auch nützliche Einwohner eines Staats werden und auf dessen Schutz billigen Anspruch machen wollen.
Wir werden diese Absicht in allen Wegen landesherrlich befördern, und verordnen hiermit, dass vornehmlich unser zur Direktion der jüdischen Landtage in unserer Obergrafschaft bestellte Commissarius*, ohnehin aber jeder unserer Beamten in dem ihm anvertrauten Amt, allen in gedachter Absicht sich anmeldenden Juden mit Rat und Unterstützung an Hand gehe und die sich ergebende Anstände nötigenfalls anzeige.
Wir erwarten aber auch dagegen von Seiten der Judenschaft Fleiß und Folgsamkeit und erklären daher hiermit gemessenst, dass all diejenigen Juden männlichen Geschlechts, welche dermalen das 16te Jahr noch nicht überschritten haben, hiernächst und wenn sie sich gleich nach der bisherigen Weise eigneten, dennoch auf den Handel nicht anders in Schutz genommen werden sollen, als wenn die gleich anfangs bemerkten Erfordernisse bei ihnen zusammenträfen, und dass mithin alle andern nur alsdann auf Schutzerteilung hoffen dürfen, wenn sie irgendeine zu ihrer und einer Familie Ernährung hinlängliche und schickliche Hantierung gehörig erlernet haben und dieses beweislich beibringen können.
Diese unsere Willensmeinung habt ihr daher sämtlichen Juden eindringend bekannt zu machen und sie zu deren Befolgung ernstlich zu vermahnen, auch darüber sorgfältig zu wachen.
*Gemeint ist Regierungsrat Dr. Konrad Stockhausen, der gemäß Bestallungsurkunde von 1783 zum Kommissar in Judenangelegenheiten der Obergrafschaft und Niedergrafschaft Katzenelnbogen bestellt wurde.
Erläuterung: Es handelt sich hier um eine an die Beamten der Obergrafschaft Katzenelnbogen (im Wesentlichen der Bereich um Darmstadt, Groß-Gerau, und Reinheim) gerichtete Verordnung des Geheimen Rats zu Darmstadt, unterschrieben von dem späteren Staatsminister und Giessener Juraprofessor Dr. Christian Hartmann Samuel Gatzert, und dem Rat Friedrich Gottfried Ludwig Lehmann. Beide waren wie Stockhausen Anhänger aufgeklärter Ideen. Die Verordnung macht deutlich, dass noch in den achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts Juden zumeist keinen Zugang zu Handwerksberufen hatten, weil die als christliche Brüderschaften verstandenen Zünfte dies nicht zuließen. Längst aber hatte der Landesherr das in den Juden steckende wirtschaftliche Potential entdeckt und war daher bereit, die gewerblichen Berufe mehr als bisher den Juden zu öffnen .An den alten Schutzverhältnissen änderte sich freilich dadurch nichts, und nach wie vor hatten Juden keinen Zugang zu öffentlichen Ämtern.
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