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Vornehme Juden beim Festmahl, Illustration im Segensspruch-Büchlein für den Fürther Hoffaktor Zacharias Fränkel für seine Hochzeit mit Fromet, der Tochter des Darmstädter Oberrabiners Moses Löw zur Kann, eines Bruders des Darmstädter Hoffaktors Beer Löw Issak, Frankfurt 1734, aus: Siehe der Stein schreit aus der Mauer, Kat. 1989, S.257.

18.1. Tabakpacht für Hoffaktor Löw Isaak

zur Kanne

In diesem im Druck verbreiteten Pachtvertrag (Admodiation) überträgt Landgraf Ernst Ludwig von Hessen seinem in Frankfurt wohnenden Hoffaktor Löw Isaak zur Kanne für die Dauer von 12 Jahren das alleinige Recht zum Verkauf von Rauchtabak und von

Tabakpfeifen.

1718, zeitgenössischer Druck: StAD, R 1 A Nr. 41 / 141(Or.)


18.2. Verordnung über Beachtung des

Tabakvertrages 

Zur Umsetzung der vertraglichen Vereinbarungen mit Löw Isaak macht Landgraf Ernst Ludwig den Vertrag in allen seinen Ämtern bekannt. Dies war notwendig, weil man dem Hoffaktor, der als Monopolbetreiber des Landesherrn eingesetzt wurde, allenthalben mit Misstrauen begegnete.

1719, zeitgenössischer Druck mit handschriftlichen Eintragungen:  StAD, R 1 B Nr. 41 / 148 (Or.)


18.3. Pfeifenstopfer

Pfeifenstopfer in Form eines Männerbeins mit eisenrot, purpurn und grau gestreifter Kniehose, heruntergerutschtem weißen Strumpf und mit eisenrot abgesetztem weißen Schuh. In der Sohle ist eine Pfeife eingearbeitet. Flacher Metallabschluss.

1765, Porzellan aus der Großherzoglich-Hessischen Porzellansammlung: Porzellanmuseum Darmstadt, PE 230 224


18.4. Versteigerung von Hausrat der

Landgräfin  Friederike Charlotte von

Hessen (1698–1777)

Protokoll einer Versteigerung von Gold- und Silbergefäßen, Porzellan, Holz und Hausrat der seit ihrer Hochzeit 1720 mit Landgraf Maximilian von Kassel bei Juden verschuldeten Landgräfin, worüber in langjährigen Prozessen (u. a. am Reichskammergericht) gestritten wurde.

1776, Aktenstück:  StAD, D 4 387 / 7 (Or.)


18.5. Tabatière

Der Deckel zeigt eine Ansicht des nördlich von Darmstadt gelegenen Jagdschlösschens Dianaburg mit reitenden Jägern und Hunden. Die Deckelinnenseite ist mit einem Halbporträt Landgraf Ludwigs VIII., des Ehemanns der Erbprinzessin Charlotte geb. v. Hanau-Lichtenberg, bemalt.

1776, Porzellan aus der Großherzoglich-Hessischen Porzellansammlung: Porzellanmuseum Darmstadt, PE 230 195

19.1. Einsetzung des Salzfaktors Nathan Hayum  von Mainz

In diesem im Druck verbreiteten Pachtvertrag (Admodiation) und Privileg überträgt Landgraf Ernst Ludwig von Hessen dem Juden Nathan Hayum die Salzfaktorei mit dem Recht zum alleinigen Vertrieb des Nauheimer Salzes für die Dauer von sechs Jahren.

1718, zeitgenössischer Druck: StAD, R 1 A Nr. 8 / 99 (Or.)


19.2. Einsetzung des Isaak Löw Beer zum

land­ gräflichen Hof­ und Kammeragenten 

Das hier gezeigte Dekret Landgraf Ludwigs IX. zur Verleihung des „Prädikats“ eines Hof- und Kammeragenten legte Isaak Löw Beer einer 1785 eingereichten Supplik bei, in der er um Übertragung der Rechte seines 1784 verstorbenen Vaters Löw Beer Isaak antrug.

1778, Aktenstück: StAD, D 12 Nr. 3 / 16 Bl. 3 (gleichz. Abschrift)


19.3. Supplik des Hoffaktors Isaak Löw

Beer zu Frankfurt an Landgraf Ludwig X.

von Hessen

Der in Frankfurt agierende hessen-darmstädtische Hoffaktor Isaak Löw Beer aus der Familie „zur Kanne“ bemühte sich hier um eine Verlängerung seines Hoffaktorenpatents bei dem neuen Landgrafen Ludwig X., dem späteren Großherzog Ludwig X.

1772, Aktenstück: StAD, E 1 M 11 / 4 Bl. 38 (Or.)


19.4. Darstellung eines Salinenbetriebs

Dieses Bild über die „Gewinnung von Alaun aus Wässern“ kann einen Eindruck des vormodernen Salinenbetriebs in Bad Nauheim vermitteln. Auch wenn der Bad Nauheimer Betrieb im 18. Jh. modernisiert war, sind die Grundlagen die gleichen geblieben.

1556, Kupferstich nach Georg Agricola, De re metallica, entnommen aus: B. Kull, Sole und Salz, 2003, S. 247


19.5. Siegel des landgräflich­hessischen

Hoffaktors Isaak Löw Beer

Der Hoffaktor Isaak Löw Beer führte ausweislich der Akten eines von ihm geführten Prozesses am Wiener Reichshofrat einen Löwen im Siegelbild und glich sich damit der christlichen Gewohnheit, „sprechende“ Wappenbilder zu führen, an.

1788, Ringsiegel auf Aktenstück: Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, RHR Denegata recensiora 384 / 16 (Foto)

(18.2)


12. Juli 1719

Verkündung des Tabakmonopol-Vertrags für den fürstlichen Hoffaktor Löw Isaak [zur Kanne] zu Frankfurt


Überlieferung: Staatsarchiv Darmstadt, R 1 A Nr. 41/148 [zwei Druckexemplare, gerichtet an den hessischen Amtmann zu Butzbach und denjenigen im Amt Jägersburg, jeweils mit landgräflichem Verschluss-Siegel]

Von Gottes Gnaden Ernst Ludwig, Landgraf zu Hessen, Fürst zu Hersfeld, Graf zu Katzenelnbogen, Dietz, Ziegenhain, Nidda, Schaumburg, Ysenburg und Büdingen etc.


Ehrsamer, lieber Getreuer.


Nachdem wir höchst missfällig vernehmen müssen, dass unserm wegen der mit unserm Hoffaktor Löw Isaac zu Frankfurt getroffene Admodiation

[=Pachtvertrag] über die alleinige Aufstell-, Vorlege- und Verkaufung alles Rauch-Tabaks und Tabaks-Pfeifen in unserm Fürstentum und denen dazu gehörigen Graf- und Herrschaften unterm 30ten Dezember nächst vorigen Jahrs ausgelassenen gnädigsten Edikt* bisher gar schlecht nachgelebt, vielmehr aber demselben in denen mehristen Stücken schnurstracks zuwider gehandelt worden, so haben wir uns demnach gemüßigt befunden, derenthalben eine solche reiterirte [=wiederholte] gnädigste Verordnung verfassen zu lassen, wie die hierbei liegende Exemplaria mit mehrerm ausweisen.


Wir befehlen Euch darauf hiermit in gnädigstem Ernst, dass Ihr nicht allein solche an allen Orten des Euch gnädigst anvertrauten Amts unter öffentlichen Glockenschlag publizieren und affigieren [=anschlagen] lasset, sondern auch darüber stricte und besser als bisher geschehen haltet, so lieb Euch ist unsere Ungnade und andere sonst unfehlbar erfolgene unbeliebige Verordnungen zu vermeiden.


Versehens uns und seind Euch mit Gnadel wohl gewogen. Darmstadt, am 12ten Juli 1719. Ernst Ludwg, Landgraf zu Hessen


*Das sehr umfangreiche  „Edikt“ vom 30. Dezember 1718 (Staatsarchiv Darmstadt, R 1 A Nr. 41/141) legt fest, dass der Hoffaktor Wolf Isaak auf 12 Jahre ab dem 1. Mai 1719 das Monopol für die Verlegung und den Verkauf allen Rauchtabaks und der Tabakpfeifen in der Landgrafschaft Darmstadt erhalten sollte. Am Ende des Vertrags wurde ein Befehl an die Beamtenschaft des Landes aufgenommen, dieses „Edikt“ überall an geeigneten Orten zu publizieren und anschlagen zu lassen.


Erläuterung: Diese knapp formulierte „Policeyverordnung“ bietet einen für die Zeit typischen Inhalt: Sie verweist auf eine ältere Verordnung („Edikt“), die offenbar nicht durchweg in der Landgrafschaft beachtet worden war. Um sie nun ins Bewusstsein der Untertanen zu bringen, wurde nun eine öffentliche Verkündung unter Glockenschlag und ein Anschlag, wohl an den Türen der Rathäuser, befohlen. Gewöhnlich haben die mit der Ausführung betrauten Amtleute (pro Amt gab es jeweils einen Amtmann) Druckexemplare der in Bezug genommenen Verordnung (hier diejenige vom 30. Dezember 1718) an die Schultheißen der amtsangehörigen Gemeinden übermittelt, die dann die öffentliche Verlesung in Anwesenheit aller Dorfbewohner durchführten.


Hinter der Verordnung steht eine – heute in anderer Form wieder aufgegriffene – Praxis der „Privatisierung“ hoheitlicher Funktionen: Dem Landesfürsten standen die Einnahmen aus dem Tabakverkauf zu; er hatte aber nicht genügend technische Möglichkeiten des Vertriebs. Also überließ er dem ihm vertraglich verpflichteten Hofjuden („Hoffaktor“)  – es war Löw Isaak aus der bedeutenden Frankfurter Bankiersfamilie „zur Kanne“ – gegen einen jährlichen Pachtzins auf Zeit die gesamten Einnahmen aus dem Tabakgeschäft. Dies konnte für den Hofjuden riskant sein, da er nicht von vorneherein garantieren konnte, dass die erhofften Einnahmen den Pachtzins überstiegen, der Gewinn also erst noch erarbeitet werden musste. Der Landgraf hingegen schuf sich eine sichere Einnahmequelle, ließ sich damit allerdings auch, falls das Tabakgeschäft gut lief, mögliche weitere Einnahmen entgehen.


Wie Landgraf Ernst Ludwig, „hielten“ sich die meisten deutschen Fürsten und Herrschaftsinhaber im 17. und 18. Jahrhundert „Hofjuden“, die unter dem Titel von Hoffaktoren, Kammeragenten oder Hofagenten ein förmliches Anstellungsverhältnis mit ihren Dienstherrn hatten und vor allem die Aufgabe hatten, diesem bei Bedarf Kapital zu verschaffen. Angesichts unregelmäßig eingehender Steuern war es üblich, dass die Hofjuden die erwarteten Steuereinnahmen vorfinanzierten, aber auch darüber hinaus staatliche Projekte und Unternehmungen (Schlossbauten, Belieferung der Armeen, Notversorgung der Bevölkerung) finanzierten. Der hier zitierte Vertrag von 1718 nebst der Verordnung von 1719 bezog sich auf Luxusgüter der Zeit, deren Bewirtschaftung nicht im laufenden „Hoffaktorenpatent“enthalten war, über die deshalb ein gesonderter Vertrag abgeschlossen wurde.

Exponate:

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(19.1.)


20. Mai 1718

Einsetzung des Juden Nathan Heyum zu Mainz zum landgräflich-hessischen Salzfaktor


Überlieferung: Staatsarchiv Darmstadt, R 1 A Nr. 8/99 [zeitgenössischer Druck]

Von Gottes Gnaden wir Ernst Ludwig, Landgraf zu Hessen  […] fügen hiermit zu wissen:


Als wir uns aus landesväterlicher Vorsorge jederzeit angelegen sein lassen, in unsern Landen eine gute Policey zu erhalten, was maßen wir unter anderem insonderheit nötig gefunden, die gnädigste Verfügung dahin zu tun, damit unsere Untertanen hinfort mit gutem und tüchtigem Salz versehen werden, auch dasselbe allezeit in einem wohlfeiler Preis bekommen mögen, aller maßen wir zu solchem Ende Nathan Heyum, schutzverwandten Juden zu Mainz, zu unserem Salzfaktor dergestalt angenommen, dass er vom 1ten nächst künftigen Monats Juni an auf sechs Jahre lang alles Salz, so in unsern Ämtern Darmstadt, Dornberg, Rüsselsheim, Kelsterbach, Zwingenberg, Jägersburg, Seeheim, Lichtenberg, Braubach und in der Herrschaft, sodann in denen dazu gehörigen Städten (das Städtlein Eppstein alleine ausgenommen) erfordert wird, anschaffen und liefern solle, auf Art und Weise, wie hernach folget:


1. Sollte er, Salzfaktor, oder dessen Ordre und Nachkommen, unsere Untertanen und Angehörigen, sie seien, wer sie wollen, niemand davon ausgeschieden, in gedachten unsern Städten, Ämtern und Herrschaft solche Zeit über jederzeit mit gutem, frischem und tüchtigem Kölnischen, Orbriger und Hessischem, sodann Nauheimer Salz, jedoch nur an einem jeden Ort von derjeningen Gattung, welche die Untertanen verlangen und bisher zu erkaufen und zu gebrauchen gewohnt gewesen, zur Genüge versehen, dabei aber keine Gefährdung brauchen, auch kein Verlegen, noch von Steinkohlen oder Leckwerk gebranntes Salz in das Land bringen und verkaufen lassen  […].


5. Unser Salzfaktor, dessen Kinder und Brotgesinde sollen zwar nebst ihren Reitpferden gegen Vorzeigung unserer darüber erteilten absonderlichen Patente entweder in originali oder in copiis vidimatis [= in beglaubigten Abschriften] von Entrichtung des Zolls, wann sie wegen des Salzwesens etwas zu verrichten haben und außer diesem Geschäft sonst kein Gewerbe oder Handlung treiben, an unsern Zollstätten frei gelassen werden, hingegen aber er, Salzfaktor, schuldig und gehalten sein, von dem Zugvieh, durch welches selbiger das Salz einführen lässt, den gewöhnlichen Zoll, wie es hergebracht ist, gehöriger Orten abzutragen.[…]


Und nachdem wir endlich hierüber steif und fest gehalten in keinerlei Weise oder Wege aber dagegen gehandelt wissen wollen, also ist hiermit unser gnädigster und erster Befehl, dass diese unsere gnädigste Verordnung nicht nur aller und jeder Orten zu jedermanns Nachachtung gehörig publiziert und gewöhnlich affigiert, sondern auch von unsern Ober- und Unter-Beamten, sodann Zollbereitern und männiglich darauf gute Aufsicht genommen werden solle, damit allein dem, so hierin enthalten ist, unser Salzfaktor und diejenigen, so über die Salzkammern bestellt sind, wie auch unsere Untertanen und Angehörigen gebührend nachleben, mithin etwas, so diesem entgegen läuft, nicht unternehmenoder aber, da dergleichen dennoch geschehen sollte, die Übertreter mit den hierin benamten Strafen angesehen werden mögen, aller maßen, da sich solche Fälle, worauf eine determinierte Poen [= festgesetzte Strafe] sich bereits gesetzt findet, zutragen sollten, dieselbe sogleich und ohne Nebenabsicht zu exigieren [=auszuführen], andernfalls aber in den Casibus [=Fällen], wo wir noch zur Zeit wegen der Bestrafung nichts gewisses statuiert, untertänigster Bericht zu erstatten und darauf unsere gnädigste Verordnung zu erwarten ist.


Urkundlich unserer eigenhändigen Unterschrift und aufgedrückten fürstlichem Sekret-Insiegels. Gegeben zu Darmsatdt am 20ten Mai 1718.




Erläuterung: Die Einsetzung eines Salzfaktors stellte ähnlich wie bei der Übertragung des Tabakmonopols an einen Hofjuden ein Geschäft mit beiderseitigem Risiko dar. Nathan Heyum war Geschäftsmann und zugleich Hofjude, und er verfügte offenbar über einige Marktkenntnis. Wenn ihm nun vom Landgrafen das alleinige Recht zum Vertrieb des Salzes – besonders das in Nauheim (heute Bad Nauheim in der Wetterau) gewonnene Salz – übertragen wurde, , so spielte dabei nicht nur der Wunsch nach der guten Versorgung seiner Untertanenschaft eine Rolle (hier ist die Rede von der guten „Policey“, der allgemeinen Wohlfahrt des Landes), sondern auch die Hoffnung, die staatliche Verwaltung damit entlasten zu können und überdies einige Einnahmen dafür zu erhalten. Dass Juden für diese Geschäfte herangezogen wurden, hatte damit zu tun, dass diese über weitgespannte Geschäftsbeziehungen und verwandtschaftliche Kontakte verfügten, die weit über das eigene Land hinausgingen.

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