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Bauer und jüdischer Geldleiher am Rechenbrett, Holzschnitt, 1531, aus: Monumenta Judaica, 1963, Kat. B. B 208.

11.1. Die „Judenschuldentilgung“ König Wenzels

König Wenzel befreit mit dieser Urkunde als „Kammerherr“ der Juden die Bewohner von Friedberg von den Verbindlichkeiten, die sie bei in Stadt und Reich wohnhaften jüdischen Geldverleihern eingegangen sind, die damit leer ausgingen.

1391, Pergamenturkunde mit Siegel: StAD, A 3 Nr. 111 / 321 (Or.)


11.2. Schutzmandat Kaiser Karls V. für die Juden  

Karl V. bestätigt erneut die schon auf dem Speyerer Reichstag von 1544 gewährten Privilegien, nämlich den Schutz der Juden auf den Reichsstraßen und das Verbot ihrer Gefangennahme, Austreibung und Zerstör-

ung ihrer Synagogen.

1548, Papierurkunde, Siegel fehlt: StAD, B 5 Nr. 518 (Or.)


11.3. Mandat Kaiser Ferdinands zu Verhinder-

ung einer Vertreibung

Es wird dem Landgrafen Georg II. von Hessen verboten, die Juden in der Burg Frankenstein mit den Dorfschaften Ober- und Nieder-Beerbach entgegen der reichsritterschaftlichen Privilegien zu vertreiben.

1648, Papierurkunde: StAD, E 12 Nr. 96 / 21 Bl. 6–6v (Or.)


12.1. Schuldbrief zugunsten des Juden Samuel  zu Gießen

Emerich v. Fellingshausen erklärt hier, dass er dem Juden Samuel und dessen Schwä-

erin acht Gulden für einen Panzer schulde, die er in angegebener Zeit zurückzahlen will. Zur Sicherheit der Rückzahlung sind Bürgen eingesetzt.

1373, Pergament, auf Rückseite

(Rückzahlungs-)Notiz in hebräischen Lettern: StAD, A 3 Nr. 123 / 13 (Or.)


12.2. Schuldbrief über ein Darlehen des Juden  Beifuß zum Korb aus Worms

Der Jude Beifuß streckt 3.000 Goldgulden vor, damit Wilhelm Wambold v. Umstadt 5.000 Gulden an seinen Gläubiger Hans Wolf Herr zu Eltz entrichten kann.

1628, Pergament, nur anh. Pergament -streifen, entwertet durch Schnitt: StAD, B 20 Nr. 792 (Or.)


12.3. Münzpatent

In dieser Münzordnung aus der fürstlichen Druckerei zu Darmstadt sind diejenigen Münzen bildlich wiedergegeben, die zu dieser Zeit rechtmäßig im Umlauf waren. Aufgeschlagen ist die Tabelle mit den Münzen aus der Umgebung.

1693, Papier, zeitgenössischer Druck: StAD, R 1 A Nr. 39 / 124 (Tab. 6  und Titelblatt) (Or.)


12.4. Jüdischer Geldwechsler

Der Holzschnitt stellt einen Bauern mit einem

jüdischen Geldwechsler am Rechenbrett dar. Die Bildüberschrift lautet: Ich bitt euch, Jud, leicht mir zuo Hand, Bargelt auf Bürgen oder Pfand, was euch gebürt gebt mir Verstand.

1531, Holzschnitt aus dem in Augsburg gedruckten Werk „Cicero, De officiis“, entnommem aus: Monumenta Judaica, 1963, Kat. B 208


13.1. Berechnung des dem Isaak Morte ge-

schuldeten Darlehenskapitals

Vor dem gräflich-erbachischen Amt Schönberg fordert der Jude Isaak Mortge zu Fränkisch Crumbach von seinem Schuldner Johannes Huber von Zell die Rückzahlung eines Darlehenskapitals nebst Zinsen in Höhe von 58 Gulden.

1796, Aktenstück: StAD, E 9 Nr. 1959 (Or.)


13.2.  Quittung  über  die  Rückzahlung  eines  Darlehens

Israel Isaak aus Nieder-Wiesen bestätigt vor dem kurpfälzischen Schöffengericht in Offenheim durch seine Unterschrift in hebräischen Lettern, dass sein Schuldner Kon-rad Schumann zu Offenheim ein Darlehen über ca. 19 Gulden zurückgezahlt habe.

1782, Bucheintrag: StAD, C 4 Nr. 201 / 1 Bl. 149v (Or.)


13.3. Juden mit Leihpfändern

Die als Warnung vor dem jüdischen Wucher gedachte Darstellung zeigt einen jüdischen Geldgeber mit Familie, zu dem ein Städter und ein Bauer mit Leihpfändern kommen. 

um 1480, aus: Monumenta Judaica, 1963, Kat. B 207.


13.4. Pfandaufgebote in Babenhausen

Vor dem Stadtgericht Babenhausen ließen Juden als Gläubiger regelmäßig die ihnen übergebenen Pfandgegenstände zur späteren Verwertung aufbieten, wie hier Handschuhe, Kessel und Mantel aus dem Besitz des Babenhäuser Bürgers Hans Schmidt.

1392, Eintrag in Gerichtsbuch: StAD, C 4 Nr. 23 / 3 Bl. 24


14.1. Kontrolle der Darlehensvergabe in Nie-

derursel durch die Schutzherren 

In einem Vertrag zwischen den Grafen v. Solms-Münzenberg und der Stadt Frankfurt wird festgelegt, dass jüdische Darlehen ab einem Kapital von 10 Gulden beurkundet werden müssen und ab 20 Gulden der Zustimmung der Schutzherren bedürfen.

1579, Pergamenturkunde: StAD, B 9 Nr. 1102 (Or.)


14.2.  Verbot  von  Kreditgeschäften  zwischen  Wormser Juden und Dalberger Untertanen

Vergleich zwischen der Adelsfamilie der Kämmerer v. Worms gen. v. Dalberg und der Wormser Judenschaft unter dem

„Judenbischof“ Jakob zum Affen, der Wormser Juden gegenüber den Dalberger Untertanen nur noch Barkredite erlauben soll.

1563, Pergamenturkunde mit Siegel: StAD, B 15 Nr. 826 (Or.)


14.3.  Kaiserliches  Privileg  an  die Rheinische  Reichsritterschaft  zur  Beschränkung jüdisch-

er  Kredite

Um die Verschuldung der Rheinischen Ritterschaft zu beenden, verbietet Kaiser Rudolf II. den Juden, ohne Erlaubnis Darlehen zu geben. Bereits erlangte Urteile gegen Schuldner und von Juden erworbene Privilegien verlieren ihre Wirksamkeit.

1605, Pergamenturkunde mit kaiserlichem Siegel: StAD, B 4 Nr. 16 (Or.)

Exponate:

(11.2)


30. Januar 1548

Gewährung kaiserlichen Schutzes für die Judenschaft im Heiligen Römischen Reich


Überlieferung: Staatsarchiv Darmstadt, B 5 Nr. 518 [Druckexemplar für die Reichsburg Friedberg]

Wir, Karl der Fünfte, von Gottes Gnaden Römischer Kaiser […]* entbieten allen und jeglichen Kurfürsten, Fürsten - geistlichen und weltlichen -  Prälaten, Grafen, freien Herren, Rittern, [Edel]Knechten, Hauptleuten, Landvögten […]** und sonst allen andern unsern und des Reichs Untertanen und Getreuen […]*** unsere Gnade und alles Gute […]***:


Uns hat Josel Jude von Rosheim, unserer [all]gemeinen Judischheit im Heiligen Reiche Teutscher Nation Befehlshaber, klagweise vorgebracht, wie dass etliche Juden über und wider ihre Freiheiten, Privilegien,

Schutz, Schirm und Geleit, damit sie von Päpsten, [all]gemeinen Konzilien, unsern Vorfahren am Reiche Römischen Kaisern und Königen seliger und löblicher Gedächtnis [sowie von] uns und dem Heiligen Reiche gnädiglich begabt und versehen wären, auch unsern und des Heiligen Reichs aufgerichteten Landfrieden und sonderlich auch wider unser kaiserliches Mandat, derselben unserer [all]gemeinen Judischheit halben, auf unserm nächstgehaltenen Reichstag zu Speyer des vierundvierzigsten Jahrs der mindern Jahrzahl aus[ge]gangen.


Über das [=obwohl] sie einem jeden, so [An]spruch und Forderung zu ihnen sämtlich oder sonderlich zu haben vermeint, vor uns, unserm kaiserlichen Kammergericht, oder an Enden [=Gerichtstätten], da sich dasselbe gebührt, rechtens nie vor gewesen (=verweigert) und noch nicht seien, [seien sie] gewaltiglich, vornehmlich auf unsern und des Heiligen Reichs Straßen und auch in etlichen Städten, Märkten und Dörfern an ihren Leib, Habe und Gut mit Mord, Totschlag, Raub, Wegführung, Gefängnis, Austreibung [aus] ihrer häuslichen Wohn

Wohnung, Zerstörung und Versperrung ihrer Synagogen und Schulen, auch an Geleit und Zoll merklich beschädigt, beleidigt, beschwert und gesteigert worden.


Und wiewohl sie etliche aus Euch demütiglich angerufen und gebeten [haben], gegen diejenige, so sie also beschädigt und beschwert [haben], nach vermöge des Reichs Landfriedens unseren Schutz, Schirm und Geleit zu handeln, auch bei ihren Freiheiten, Privilegien, Schutz, Schirm und Geleit bleiben und sie darüber oben gemeldeter Maßen nicht dringen oder beleidigen zu lassen, so haben sie doch bei Euern eines Teils dasselbe nicht bekommen noch erlangen mögen, das [der all]gemeinen Judischheit zu merklichen Beschwerung, Schaden und Nachteil [ge-]reichte, und [sie haben] sich deswegen [bei] uns abermals hochlich beschwert, und uns darauf demütiglich angerufen und gebeten, [all]gemeiner Judischheit hierin mit unserer kaiserlichen Hilfe gnädiglich zu erscheinen, sie zu sützen und zu schirmen.


Und dieweil uns dann als Römischen Kaiser gebürt, einen jeden bei Recht und seinen habenden Freiheiten zu handhaben und vor unbilliger Gewalt zu schützen und [diese] zu verhüten, des [wir] auch zu tun gänzlich gemeint sind. Und [wir haben] darauf die gemeldete Judischheit hiervor in unsern und des Heiligen Reichs Schutz und Schirm genommen und ihnen unser und des Reichs freie Sicherheit und Geleit vor Gewalt und zu Recht gegeben haben, laut unseres Briefs, [der] darum aus[ge]angen [ist].


Demnach gebieten wir Euch allen und Euern jeden [be]sonders, bei Vermeidung unserer und des Reichs schwerer Ungnade und Strafe, und den Pönen [=Strafen bzw. Sanktionen], in jetzt gedachten unserm Schutz- und Geleitbrief und der Judischheit Freiheiten und Privilegien [ein]begriffen, von Römischer Kaiserlicher Macht ernstlich mit diesem Brief und wollen, dass Ihr dieselbe unsere [all]gemeine Judischheit sämtlich und sonderlich bei oben bestimmten päpstlichen, [all]gemeiner Konzilien, aller unserer Vorfahren am Reiche und unseren gegebenen Freiheiten, Privilegien und Konfirmationen [=Bestätigungen], Schutz, Schirm und Geleit handhabt und gänzlich bleiben [lasst], das alles ruhig gebrauchen, genießen, auch allenthalben im Heiligen Reich und desselben zugetanen Fürstentümern, Grafschaften, Herrschaften, Landen, Städten und Gebieten sicher handeln und wandeln lasst, und darüber ihr Leib, Hab oder Güter nicht beschädigt oder beleidigt, auch in Gemeinschaften, Landen, Städten oder [in] Sonderheit von ihren häuslichen Wohnungen, Schulen und Synagogen eigentätlichs Vornehmens nicht [weg]treibt noch die zerstört oder versperrt, auch sie mit neuen, ungewöhnlichen Zoll und Geleitgeld und sonst in andern Wegen wider altes Herkommen, Recht und Billigkeit nicht beschwert, dringt oder steigert, noch jemand anderen [dies] zu tun befehlet, schaffet oder gestattet, auch den Taten, so also dieselbe Judischheit sämtlich und sonderlich wider des Reichs Landfrieden, unseren kaiserlichen Schutz, Schirm und Geleit und dieses unser Gebot und Mandat an ihrem Leib, Habe oder Gut angreifen, vergewaltigen und beschädigen würden, keine Hilfe, Vorschub noch Beistand, heimlich noch öffentlich, nicht beweiset in keiner Weise noch Wege, als lieb Euch und einem jeden sei, oben berührte Pönen und Strafen zu vermeiden. Das meinen wir ernstlich.


Mit Urkunde dieses Briefs, mit unserm kaiserlichen aufgedruckten Ingesiegel. Geben in unserer und des Reichs Stadt Augsburg, am dreißigsten ‚Tag des Monats Januar, anno etc. im achtundvierzigsten, unsers Kaisertums im achtundzwanzigsten und unserer Reiche im dreiunddreißigsten.


*Es folgen zahlreiche weitere Titel

**Es werden weitere Adressaten aufgezählt

** Auf Wiedergabe der feierlichen Adressformel wurde hier verzichtet





Erläuterung: Diese Urkunde nimmt Bezug auf ein sehr umfangreiches Privileg Kaiser Karls V. vom 3. April 1544, das der Befehlshaber der Judenschaft im Heiligen Römischen Reich, Josel von Rosheim, während des Reichstags zu Speyer von ihm erwirkt hatte. In ihm war die Sicherheit des Handels zugesichert, die Befreiung vom „jüdischen Zeichen“ (Gelber Ring auf den Kleidern, ähnlich dem in der Nazizeit eingeführten ‚Judenstern’) dafür verfügt, das Verbot der Vertreibung, ein erhöhter Zins für Darlehen an Christen, die Zurückweisung der sog. Blutbeschuldigung, die Unterstellung unter die kaiserliche Gerichtsbarkeit und überhaupt der allgemeine kaiserliche Schutz zugesagt worden. Da dieses Privileg offenbar nicht allgemein beachtet worden war, hatte sich Josel von Rosheim erneut an den Kaiser gewandt und erreicht, dass dieser von dem in Augsburg abgehaltenen Reichstag aus erneut ein sog. „Generalmandat“ (Befehl an alle Untertanen des Reichs) ausstellte. In diesem wird zwar das umfangreiche Privileg von 1544 nur allgemein beschrieben. Doch wird es in den Zusammenhang weiterer Privilegien und Schutzbriefe gestellt, die auch schon frühere Kaiser und Könige ebenso wie die Päpste für die Juden des Reichs ausgestellt hatten. Es ist bekannt, dass dieses erneute kaiserliche Schreiben nicht nur in zahlreichen Originalausfertigungen mit kaiserlichem Siegel versandt wurde, sondern auch in zeitgenössischen Druckausgaben verbreitet wurde. Der Judenschaft selbst war diese erneut Unterschutzstellung deshalb besonders wichtig, weil viele lokale Obrigkeiten – Fürsten wie Stadträte und sonstige Herrschaftsinhaber – auf Grund ihres Judenregals glaubten, ohne Rücksicht auf die kaiserliche Zentrale über die Juden disponieren zu können. Der Habsburger Karl V. machte nun deutlich, dass alle Juden des Reichs nach wie vor ihm zugeordnet waren, auch wenn die Judenregalien in andere Hände geraten waren. Gewalthandlungen und Vertreibungen gegen Juden sollten nicht mehr stattfinden. Da der Kaiser, der sich zumeist in Wien aufhielt, fern war, gelang es den Juden nicht immer, unter Berufung auf das Privileg von 1544 (das später immer wieder bestätigt wurde) und das Mandat von 1548 Schutz zu erhalten. Es sind aber dennoch einige Fälle bekannt, in denen der Kaiser Vertreibungen verhindert oder später wieder rückgängig gemacht und auch Gewalttätigkeiten gegen Juden durch seinen Reichshofrat juristisch begegnet ist. Auch das Reichskammergericht legte das Privileg von 1544, wenn Juden sich in ihren Prozessen darauf beriefen, seiner Rechtsprechung zugrunde.

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(14.2)


10. Mai 1563

Darlehensverbote und Handelsbeschränkungen für die Wormser Juden sowie Geleitsrechte der Familie von Dalberg bei Begräbnissen und Hochzeiten der Wormser Juden


Überlieferung: Staatsarchiv Darmstadt, B 15 Nr. 826 [Ausfertigung des Vergleichsbriefs in Pergament, mit vier anhangenden Wachssiegeln des Bischofs Dietrich von Worms (für die Juden) sowie der vier in der Urkunde genannten Herren von Dalberg]

Kund und offenbar sei männiglich [=allen], so diesen Brief sehen oder hören lesen, dass. nachdem unserer [her]nach benannten von Kämmerer Untertanen und Hintersassen ein[ige] große, namhafte Schulden den Juden zu Worms schuldig, und doch durch Mittel und Ziel von ihnen bedrängt worden [sind], [haben] wir – Friedrich, Wolf der Ältere, Philipp und Wolf der Jüngere, alle Kämmerer von Worms genannt von Dalberg, Gevettern – mit  gemeiner Judenschaft der Stadt Worms verglichen und dahin gehandelt, dessen sich auch gemeine Judenschaft für sich und alle derselben Nachkommen begeben, also:


[1] Dass nun hinfort, künftig oder zu ewigen Zeiten einer oder mehr Jude oder Juden zu Worms oder an anderen Enden wohnhaft, so unter dem obersten Bischof, Rabbi und Synagog und [Juden-]Sand oder Begräbnis zu Worms gehörig, keinem Kämmerer Untertanen und Hintersassen, Manns- oder Weibspersonen, in allen den Flecken und Dörfern, so den Kämmerern jetzund zuständig oder hinfort den Kämmereren zuständig möchten werden, etwas auf liegende Güter[oder] fahrende Habe auf Verschreibung leihen, auf Borg verkaufen, tauschen oder in einigen Wegen mit ihnen, der Kämmerer Untertanen und Hintersassen, oder wie das in Rechten oder [all]gemeinen Landesbräuchen nach Namen haben möchte, kontrahieren noch einlassen, dadurch der Kämmerer Untertanen gegen ihnen, den Juden, in Schulden erwachsen möchten, alles bei Poen [=Strafe] und Verlierung solcher Forderung der Schulden, so der oder die verbrechenden Juden ohne alle Einrede und Weigern uns, [den] Kämmereren, folgen und werden sollen lassen.


[2] Doch so der Kämmerer Untertanen auf dem Markt in der Stadt Worms essen Kuchenspeise oder anderes, [die] in der Kämmerer Obrigkeit den Juden verkauft [wurden], dergleichen sie, die Juden, den Kämmerer Untertanen Hausrat oder anderes [verkauft haben], soll [dies] alles alsbald bar auf dem Kaufplatz um Bargeld bezahlt und nichts auf Borg verkauft werden […].


[3] Es sollen auch hinfort ein jeglicher Jude oder Juden, so zu Worms sesshaft [sind], wann und so oft der oder die sich bestatten, [und] zu Zeiten ihrer Hochzeit, jede Person ein[en] halben Gulden [zahlen]; und aber, so es eine oder beide Fremde, so zu Worms nicht sesshaft, doppelt – das ist von jeder fremden Person ein[en] ganzen Gulden zu ihrer Hochzeit [zahlen], wie von Alter der Kämmerer Herkommen, [die Juden zur Hochzeit] zu geleiten. Und dann von jedem verstorbenen einwohnendem Juden ein[en] halben Gulden, und von einem fremden verstorbenen Juden ein[en] ganzen Gulden auf ihrem [Juden]Sand zu der Begräbnis [zahlen], wie von Alter der Kämmerer Herkommen [die Juden dabei] zu geleiten. [Sie sollen dies] unweigerlich den Kämmerern oder denen verordneten Befehlshabern und Dienern zu reichen und zu geben schuldig sein.


Und diesem allem nach so gereden und versprechen wir, Jacob zum Affen, als dieser Zeit Bischof, Jakob, Rabbi und Synagog, und wir anderen, [nämlich] Samson zum Bären und Lasar zum Wolf, als oberste Vorsteher der ganzen [all]gemeinen Judenschaft, so dieser Zeit in der Stadt Worms und auch an allen andern Orten, auf dem Land gemeinlich wohnen und doch unter unserm Rabbi, der Synagog und [dem] Sand und Obersten zu Worms gehörig sein, alle sämtlich und besonders, für uns, unsere Erben und Nachkommen an eines wahren Eides statt, so wir unserm gnädigen Herrn von Worms deshalb getan, diesem allem, wie hiervor geschrieben, gänzlich [nach]zuleben, wahrhaftig nachzukommen.


Hierwider und alles, so oben geschrieben steht, gedachte Judenschaft nicht schützen, schirmen noch entheben und befrieden soll keine allgemeine noch besondere Freiheiten, Begnadigungen, Privilegien, Schatzungen, Gewohnheiten, altes Herkommen, Recht oder Gerechtigkeiten, die sie oder ihre Voreltern von gemeinen geistlichen oder weltlichen Rechten, auch [be]sonderen Verleihungen der päpstlichen Heiligkeit, römischer Königen, Kaisern oder allen andern Obrigkeiten und Herrschaften, wie [auch immer] die seien oder wie die immer genannt wären, jetzund haben oder inskünftig auf ihr Bitten oder aus einigen Beweggründen gegeben werden möchten. Dann sie sich solchem alles hierwider nicht gebrauchen sollen noch wollen, so verzichten sich dieselbigen alle, samt und sonders, für alle ihre Kinder, Erben und Nachkommen, soviel sie wider diesen Kontrakt sind oder verstanden werden möchten, hiermit wissentlich und in Kraft dieses Briefs […],


Geschehen auf Montag nach Cantate, den zehnten Mai, im Jahr als man zählt 1563.




Erläuterung: Gegenstand dieses Vertrags zwischen der Adelsfamilie der Kämmerer von Worms genannt von Dalberg mit der Judenschaft zu Worms sind zwei von einander unabhängige Problemkreise: Der Darlehensverkehr zwischen Juden und Christen sowie Geleitsrechte der Dalberger über die Juden. Insbesondere das Pfandleih- und Darlehensgeschäft der Juden war der christlichen Obrigkeit oft ein Dorn im Auge. Man befürchtete eine Übervorteilung der christlichen Bevölkerung und eine Verschuldung. Deshalb wurden vielerorts nur noch Bargeschäfte zwischen Juden und Christen erlaubt oder auch die genaue Kontrolle der Geschäfte durch Protokollierungsgebote und Erfassung aller Geldbewegungen, soweit sie eine bestimmte Höhe erreichten, in den Gerichtsbüchern der Städte und Gemeinden.

In Worms kommt hinzu, dass die Herren von Dalberg spätestens seit dem 14. Jahrhundert als Lehen der Bischöfe von Worms bestimmte Schutzrechte über die Juden der Stadt innehatten. Insbesondere hatten sie das Recht, bei Begräbnissen und bei Hochzeitszeremonien Geleitschutz zu gewähren, für den allerdings die Juden eine Gebühr zu zahlen hatten. Dabei wurde danach unterschieden, ob Wormser Juden betroffen waren oder fremde Juden.


Dass der vorliegende Vertrag, wenigstens hinsichtlich des Darlehensverbots, offenbar älteren Rechten widersprach, wird aus dem letzten Absatz deutlich. Wenn so wortreich wie hier ausgeschlossen wurde, sich auf ältere – und noch zu erlangende - Privilegien zu berufen, bestand Grund zur Befürchtung, dass es entgegenstehende Rechte der Juden gab.


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