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Die jüdische Siedlungsentwicklung am Mittelrhein: Mittelalter
Juden reisten seit dem frühen Mittelalter nach Europa, wo sie unter karolingischer Herrschaft Handelsschutz genossen. Die erste jüdische Niederlassung im Reichsgebiet war in Metz (Ende 9. Jh.). Bis zum Ende des 11. Jhs. folgten die Kathedralstädte Köln, Mainz, Worms, Trier und Speyer. In dieser Zeit wurden viele Juden von internationalen Wanderhändlern zu ortsansässigen Kaufleuten.
Im 12. Jh. beschleunigte sich das Wachstum der jüdischen Bevölkerung. Neue Niederlassungen des Mittelrheingebietes lassen sich beispielsweise in Aschaffenburg, Bacharach, Bingen, Frankfurt und Münzenberg nachweisen. Zwischen 1250 und 1350 nahm die Zahl der jüdischen Niederlassungen im Reichsgebiet um das Zehnfache zu und erreichte in der ersten Hälfte des 14. Jhs. ihren Höchststand. Trotz einer Welle von Verfolgungen zwischen 1250 und 1350 konnte sich in dieser Zeit ein dichtes Netz jüdischer Niederlassungen im gesamten Rheingebiet entwickeln. (Karte I).
Im Zusammenhang mit der europaweiten Pestepidemie zwischen 1348 und 1350 wurde den Juden vorgeworfen, sie hätten die Brunnen vergiftet. Die zahlreichen Pogrome, Verhaftungen, Vertreibungen und Ermordungen führten zur Zerstörung der jüdischen Gemeinden im Mittelrheingebiet.
Nach ihrer Wiederzulassung ließen sich die Juden während der zweiten Hälfte des 14. Jhs. in erster Linie in Städten nieder, in den sie schon vor den Pestpogromen gesiedet hatten. Mit Ausnahme weniger großer Gemeinden wie Worms, Frankfurt und Friedberg ist im Spätmittelalter eine kürzere Siedlungsdauer und eine hohe geographische Mobilität der Juden charakteristisch.
Der sich durchsetzende Schutzbriefzwang, widrige wirtschaftliche Verhältnisse, daneben Verfolgungen und Vertreibungen aus den meisten Städten und Territorien des Reichsgebiets (am frühesten im Bereich von Kurpfalz um 1400) führten seit dem späten 15. Jh. zu einer breiten Abwanderung von Juden nach Südosten (Böhmen), Osten (Polen-Litauen) und Süden (Italien). Vor allem Polen-Litauen wurde nun zum „Gelobten Land“ für die Juden. Von Städten wie Lissau und Krakau, aber auch aus Prag und Nikolsburg, kamen später viele der Rabbiner die in mittelrheinischen Gemeinden Anstellung fanden.
Karte I, Jüdische Siedlungen im Rheinland 1301-1350. Entwurf: Sonderforschungsbereich 235 der Universität Trier, Teilprojekt C1
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