5

 
 

Darstellung der Vereidigung eines Juden (mit gelbem Ring), Holzschnitt Hans Furtenbachs, Augsburg 1509, aus: Monumenta Judaica, 1962, Kat. B 206.

(1.2)


25. Juli  1312

Einsetzung eines Judenbischofs und eines Judenrats zu Worms


Überlieferung: Staatsarchiv Darmstadt, A 2 Nr. 255/674 [abschriftlich enthalten in Urkunde vom 23. 12. 1363]

Wir Emmerich, von  Gottes Gnaden Bischof zu Worms, und Jacob, der Dechant, und das  Kapitel  gemeinlich  desselben Stifts zu Worms  verjehen [=teilen mit] und tun  kund  allen denen,  die diesen  Brief  ansehen oder  hören  lesen: Dass eine Zweiung ist gewesen zwischen uns und  unsers  Stiftes wegen von einer Seiten  und zwischen dem Rate  der Juden  und der Judenheit zu Worms anderer Seite, um Bischöfe und Ratlude [=Ratleute] unter den Juden zu setzen.


So  haben wir mit  Recht  [vor]behalten, dass wir, der Bischof und unsere Nachkommen, immerdar sollen setzen Judenbischöfe und Ratlude unter den Juden; dagegen wollten sich  die Juden setzen; dessen erbietet sich der Rat von Worms und die Sechzehn [=erweiterter Rat], dass wir und die Juden jeder Seite  mit einer rechten Willkür [=Schiedsabrede] einmütig gegangen sind an fünf ehrbare Männer, [nämlich] an Herrn Jacob den Sänger [= Domkantor] unsers vorgenanten Stifts, an Herrn Gerhart  den Kämmerer, an Herrn Johann den Kämmerer von Worms, Ritter, an Heylman Holtmund und an Heinrich zur Ecken, Bürger von Worms. Welchen Bescheid  und  Satzung sie uns  jedweder Seite geben oder möchten, dass wir und die vorgenanten Juden den Bescheid und die Satzung immerdar stete sollten halten.


Nun haben wir, Jacob der Sänger, Gerhart und Johan die Kämmerer, Heylman Holtmunt und Heinrich zur Ecken die vorgenannten durch beide Willen unsers vorgenannten Herren des Bischofs, des Dechants und des Kapitels des Stiftes von Worms und auch der Juden von Worms uns diese Sachen unterwunden und angenommen, und sind darüber gesessen einmütig überkommen ungezweit und haben diese Satzung und Ordnung gemacht und gesprochen, die man jedweder Seite ewiglich und unverbrüchlich stete halten soll, wie hernach geschrieben ist.


[1] Von ersten, dass der Juden Ratleute mit dem Judenbischof allewege zwölf sollen sein und nicht mehr; und die zwölf sollen unter sich nach Jüdischem Recht richten, wie es von Alter herkommen ist.


[2] Unter den zwölf Juden soll unser Herr der Bischof von Worms, wer dann Bischof ist, einen benennen zu einem Judenbischof. Der soll sein Lebtag Judenbischof heißen. Doch soll das Judenbischofsamt unter den Zwölfen herumgehen, je zu dem Monat, wie ihre Gewohnheit bisher gewesen ist, darum, dass sie desto besser richten mögen. Und wenn der Judenbischof stirbt, den unser Herr der Bischof von Worms gesetzt hat, welchen dann unser Herr der Bischof von Worms, der dann ist, unter den zwölf Ratleuten unter den Juden benennet zu einem Judenbischof, der soll unserm Herrn dem Bischof von Worms, der dann ist Bischof von Worms, 20 Pfund Wormser Pfennige. Und der Jude, den er unter den zwölf Ratleuten unter den Juden zu einem Judenbischof benennet hat, soll aber sein Lebtag Judenbischof heißen und sein, wie [zu]vor geschrieben ist.


[3] Wir fünf Mann haben auch gemacht und gesetzt, wenn einer unter den vorgenannten zwölf Juden, die in der Juden Rat sind, abgeht, so sollen die anderen elf nach der meisten Menge [}mehrheitlich] einen andern unbesprochenen Juden […] benennen zu einem Ratmann unserm Herrn dem Bischof von Worms, der dann ist, in dem Vierteljahr nach der Zeit, so jener abgegangen ist. Und den Juden soll unser Herr der Bischof von Worms, der dann ist, in der Juden Rat setzen, und soll ihn bestätigten zu Hand, so[bald] er benennet wird. Und der soll schwören zu Hand, so ihn unser Herr der Bischof bestätigt, den gewöhnlichen Eid, den ein Judenratmann schwören soll. Und dazu soll er auch schwören alle die Artikel, die in diesem Brief beschrieben sind, unverbrüchlich stet zu halten. Und zu Hand von dem Ratmann ist der Judenrat schuldig, unserm Herrn dem Bischof von Worms 60 Pfund Heller unverzüglich zu geben, zu derselben Zeit, so[bald] er in den Rat gesetzt wird.


[4] Wir sprechen auch, dass die Judenratleute um das Benennen, wie [zu]vor geschrieben ist, der meisten Menge [=Mehrheit]  folgen sollen und anders um keine Sache mehr, sie wollen es denn gerne tun.


[5] Wir sind auch über[einge]kommen und haben gesetzt: Wäre es, dass die Ratleute unter den Juden vorsitzen ein Vierteljahr, so ein Ratsamt unter ihnen ledig wird und [sie] keinen benennten zu einem Ratmann, wie [zu]vor geschrieben ist, so mag unser Herr, ein Bischof von Worms, einen anderen unbesprochenen Juden in den Rat setzen […] ohne aller Hände Widerrede. Der soll in dem Rat sitzen mit allem dem Recht, wie andere der Juden Ratleute sitzen, in gleicher Weise, als ob sie ihn [selbst] benannt hätten. Und ist doch der Rat unter den Juden schuldig unserem Herrn, dem Bischof von Worms, von dem, den er in den Rat setzt, 60 Pfund Heller zu geben, wie [zu]vor geschrieben ist. Und wäre es, dass denselben oder die, die unser Herr der Bischof also in den Rat setzt, irgendeinen Anspruch anginge um die Einsetzung, den oder die soll der Judenrat verantworten mit des Judenrats Kosten und Arbeit.


[6] Wir sprechen auch und sind einmütig über[einge]kommen: Wäre es, dass ein Judenratsamt oder Judenbistum ledig geworden ist in der Zeit, in der kein Bischof wäre zu Worms, dass der Juden Ratleute nach der meisten Menge, wie [zu]vor geschrieben ist, einen unbesprochenen Juden zu einem Ratmann benennen sollen dem Kapitel des Stifts von Worms oder denen, die das Kapitel unter ihnen gesetzt hat, des Bistums Gut zu nehmen und zu sammeln. Und soll auch das Kapitel nach der meisten Menge unter ihnen oder jenen, die über des Bistums Gut gesetzt sind, den Juden, der ihnen benennet wird und geantwortet zu einem Ratmann, in den Rat setzen. Und [sie] sollen ihn bestätigten in gleicher Weise, als ob ein Bischof zu Worms dann wäre. Und sollen der Juden Ratleute dem Kapitel oder jenen, die über des Bistums Gut gesetzt sind, von dem Ratmann , der bestätigt wird, 60 Pfund Heller geben einem künftigen Herrn einem Bischof zu Worms zu behalten, also, dass das Kapitel oder jene, die über des Bistums Gut gesetzt sind, sollen den Judenrat oder jenen, der ein Ratmann wird der Juden, sicher machen, ehe sie das Geld geben, dass sie von einem künftigen Herrn einem Bischof von Worms um diese Sache keine Ansprüche niemals haben [=befürchten müssen], ohne alle Gefahr.


[7] Wir, die vorgenannten fünf Männer, sind auch einmütig über[einge]kommen und setzen: Wäre es, dass der zwölf Ratleute unter den Juden, einer oder mehr, vor den Stadttoren zu Worms oder anderswo wohnten, ein Jahr oder zwei Jahre oder drei Jahre, darum soll ihr Ratsamt nicht ledig sein, ob sie in den drei Jahren wieder zu Worms ziehen und sedelhaft [=sesshaft] werden. Sind sie aber mehr als drei Jahre aus[serhalb], dass sie nicht sesshaft sind zu Worms, so sind die Ratsämter ledig zu allem und dem Recht, als ob sie tot wären.


[8] Wir sprechen auch auf dass, dass diese Satzung und Ordnung immer stet und fest bleibe unverbrüchlich, dass alle Briefe und Satzungen, die gemacht sind oder noch möchten werden gemacht, die dieser [vorstehenden] Satzung und Ordnung widersprechen möchten, dass die sollen tot sein und keine Macht haben, und und hernach.


[9] Wir, die vorgenannten fünf Männer, sprechen auch und sind einmütig über[einge]kommen, um dass, dass diese Satzung und Ordnung beide, von unserem Herrn dem Bischof von Worms, und seinen Nachkommen, und dem Kapitel des vorgenannten Stifts, und auch von den Juden ewiglich ganz und unverbrüchlich gehalten werde: Wäre es [Sache], dass dieser Brief gebrochen würde von unserm Herrn dem Bischof und seinem Stift oder von den Juden an seinen Stücken [=Artikeln]. Dass die Bürger und die Stadt von Worms wider den, die dies brechen, sollen sein, und jenen, die den Brief stet halten, beholfen sollen sein mit Kräften und mit Mächten, mit guten Treuen. Und soll das der Stadt und den Bürgern an ihrem Eid nicht schaden.


[10] Und soll unser Herr der Bischof Emmerich sein Insiegel und der Stifte ihres Kapitels Insiegel und die Stadt der Stadt Insiegel an diesen Brief hängen zu unseren Insiegeln. Und soll auch der Juden Rat von Worms sich verbinden […] und besiegeln mit ihrer Schrift unter diesem gegenwärtigen Brief alle die Artikel, die [zu]vor geschrieben sind, um [diesen Brief] stet zu halten.


[es folgen die Erklärungen der Siegler]


Der ist gegeben an Sankt Jakobs Tag, als man zählt von Christi Geburt dreizehn hundert Jahre und danach in dem zwölften Jahr.




Erläuterung: Die bedeutende jüdische Gemeinde von Worms, die ursprünglich unter dem Schutz des Bischofs von Worms, später unter dem des städtischen Rats stand, erhielt mit dieser Urkunde eine Ratsverfassung, wie sie ähnlich auch in christlichen Gemeinden üblich war. Sie stand als autonome Organisation neben der städtischen Organisation. Die Bezeichnung „Judenbischof“ war im innerjüdischen Gebrauch nicht üblich, sollte aber die Autorität des Vorsteheramts der jüdischen Gemeinde herausstreichen. Bischof Emmerich kam es allerdings mehr auf die Kontrolle der jüdischen Gemeinde an, die er durch Mitsprache bei der Einsetzung des Judenbischofs ausüben konnte. Daneben hatte er fiskalische Interessen, die er in Gebühren für Wahlhandlungen zum Ausdruck brachte. Die hier abgedruckte Verfassungsurkunde ist in der Form eines Schiedsurteils gefasst und kam als Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Interessen des Hoch- und Domstifts und denen der Wormser Bürgerschaft zustande. Die Juden waren formal am Schiedsverfahren nicht beteiligt, scheinen aber an den Verhandlungen mitgewirkt zu haben. Immerhin haben sie durch ihre Unterschrift ihre Zustimmung signalisiert. Die Ordnung war formal bis zum Ende des Alten Reiches in Kraft.

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Wir, Burggraf, Baumeister und Burgmannen zur Burg Friedberg bekennen für uns und unsere Nachkommen, Burgmannen daselbst, dass wir den gegenwärtigen Wolf von Frankfurt, Juden, Gude, seine Hausfrau [=Ehefrau], ihre Kinder, Knechte, Mägde, Gesinde und Brotessen [=Gäste, die von ihnen verköstigt werden] […] angenommen und empfangen haben zu unseren Beisassen in der ehe genannten Burg [auf] drei Jahre, die da nächst nacheinander kommen nach [dem] Datum dieses Briefs.


[1] Und wir sollen sie [in] derselben Zeit getreulich verantworten [=für sie gerichtlich einstehen], handhaben, schüren [=schützen] und schirmen gegenüber jedermann, gleich unseren Beisassen in der ehe genannten Burg.


[2] Und darum so sollen sie uns und unsern Nachkommen zu der [zu]vor genannten Burg die [zu]vor genannten drei Jahre, alle Jahre auf Sankt Walpurgentag [= 1. Mai], geben 23 Gulden guter Rheinischer, Friedberger Währung.


[3] Und darüber sollen [weder] wir noch niemand von unsertwegen sie bedrängen, [Darlehen] zu leihen noch zu geben wider ihren Willen.


[4] Und wäre es, dass es dem [zu]vor genannten Wolf, seiner Hausfrau und ihren Kindern also gelegen käme, dass sie mit ihrem Gesinde von uns aus der Burg wollten [weg]ziehen, ehe dann die [zu]vor genannten drei Jahre auskämen [=zu Ende wären], so sollten sie doch die drei Jahre den [zu]vor genannten Zins für voll geben und ausrichten, ehe dann sie von uns ziehen.


[5] Wäre es auch, so[bald] die drei Jahre, [wie] oben genannt, auskämen, dass sie länger bei uns sitzen und bleiben wollten, dies[bezüglich] sollten sie mit uns über[ein]kommen. Dieselben Jahre sollten und wollten wir sie auch bei uns lassen sitzen um den ehe genannten Zins, [den sie] uns alle Jahre zu geben und auszurichten [schuldig sind], in all dem Maße, wie [zu]vor geschrieben steht. Und wir sollten sie auch nicht höher [be]drängen oder niemand von unsertwegen.


[6] Und wenn auch sie und ihr Gesinde unter uns nicht länger wollten wohnen oder sitzen, und so sie ihre Zinsen die Jahre, wie sie dann zu einer jeden Zeit, ob sie anders länger bei uns blieben als die oben genannten drei Jahre, mit uns oder unsern Nachkommen über[ein]kommen wären, ausgerichtet und bezahlt hätten, wie es denn [zu]vor geschrieben steht, so sollen wir sie, ihr Leib und Gut, von uns geleiten, wo sie hin [zu gehen] begehren, drei Meilen Weges von Friedberg. Und [wir] sollen ihnen auch beholfen sein zu allen ihren Schulden [=Schuldforderungen], soweit wir es vermögen, ohne Gefährdung [=Arglist ausgeschlossen].


[7] Auch mögen sie leihen auf allerlei Pfänder, ohne [=ausgenommen] Messgewänder, Kelche, nasse Tücher, blutige Gewänder und nasse Häute.


[8] Auch so sollen wir oder die unseren oder niemand von unsertwegen zu ihnen oder zu ihren Gütern nicht greifen [=in Arrest nehmen], um keinerlei Bußen [=Bußgelder] oder Brüche [=Verstöße], sie werden denn [zu]vor übergangen [=überführt]  oder bezeugt mit Christen oder Juden, wie [es] Recht ist – es wäre denn um Totschlag, ob sie diesen täten, der ist davon ausgenommen. Wurden sie aber ergangen [=überführt] und bezeugt, wie [zu]vor geschrieben steht, um andere Bußen oder Brüche, die sollten sie nicht höher treffen oder [be]laufen als 10 Gulden, ausgenommen Totschläge.


[9] Auch welche Freiheiten andere Juden haben, [die] in des Reiches Städten gesessen [sind], da sollen wir sie auch [da]bei handhaben, soweit wir es vermögen.


[10] Auch so sollen wir, unsere Diener und arme Leute [=Untertanen] mit geistlichem Gericht sie nicht laden noch dort bannen, da sie des Rechten vor uns bleiben wollen und folgen.


[11] So sollen sie auch ein gutes Geleit bei uns in der Burg haben, sofern sie dies begehren, ihr Leib und Gut ein halbes Jahr zuvor aufsagen [=kündigen], Arglist ausgenommen.


Und dessen zur Beurkundung so haben wir der Burg Insiegel für uns und unsere Nachkommen, Burgmannen, zu diesen Dingen an diesen Brief tun hängen [=anhängen lassen]. Der gegeben ist auf den Mittwoch nach Unser Lieben Frauen Tag, als sie in den Himmel genommen wurde, da man zählt von Christi Geburt [an] 1430 Jahre.





Erläuterung: Juden waren in der Zeit des Alten Reiches nicht ohne weiteres berechtige Mitglieder der christlichen Gesellschaft. In wenigen Fällen konnten sie zwar Bürgerrechte erwerben; aber auch diese nicht verknüpft mit der Möglichkeit zur Teilhabe am politischen Handeln. Normalerweise wurden sie in den Städten als sog. Beisassen behandelt, als Einwohner minderen Rechts, die nicht an allen Rechten des Gemeinwesens teilhatten. In jedem Fall aber mussten die Juden für sich und ihre Angehörigen (also die Familien, das Gesinde und weitere Dauergäste, z.B. Hauslehrer) Schutzbriefe erwirken, deren Einzelbestimmungen im Mittelalter  meist genau ausgehandelt wurden. Die Regel ist, dass zeitliche und örtliche Begrenzungen, gewerbliche Festlegungen, die Höhe des Schutzgelds und die Art der Schutzzusage geregelt wurden. Hier, in Friedberg, wurde außerdem eine eigene Bußgerichtsbarkeit zugestanden, von der allerdings Totschlagsdelikte ausgenommen wurden. Der Verweis auf das den Juden anderer Reichsstädte gegebene Recht kann als eine Art Generalklausel verstanden werden, so dass etwa das in der Stadt Frankfurt beachtete jüdische Recht durchaus für die Friedberger Juden galt (vielleicht hatte sogar der aus Frankfurt stammende Wolf dieses Recht selbst ins Spiel gebracht).


Wir können davon ausgehen, dass dieser Schutzbrief zwar formal als eine Art Freiheitsbrief formuliert wurde, dass er aber Ergebnis einer Verhandlung war. Für die Juden war vor allem wichtig, dass die sie treffende Belastung kalkulierbar war. Sie wollten nicht zur Darlehensvergabe gezwungen werden, wie es andernorts häufig der Fall war. Wichtig war ihnen auch das Schutz- und Geleitsversprechen ihrer Herrschaft (hier der Burg Friedberg), das auch den Fall umfasste, dass sie eine gerichtliche Klage vorzutragen hatten, für die ihnen die Burg Unterstützung gewährte.

(2.1.)


16. August 1430

Schutzbrief der Burg Friedberg für den Juden Wolf aus Frankfurt am Main


Überlieferung: Staatsarchiv Darmstadt, B 5 Nr. 82 [Pergament, Original, Siegel verloren]

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3.1. Unterstellung dreier Juden zu Bingen unt-

er  den Schutz von Kurfürst Heinrich von Mainz

Urkunde des Rabbinats zu Bingen für Rabbi Jakob Moses, dessen Sohn Moses Jakob und Rabbi Jechiel Jakob, die unter dem Bann der Dreigemeinden Speyer, Worms und Mainz zur Wohnung in Bingen

verpflichtet werden.

1343, Pergamenturkunde in hebräischer Schrift: StAD, A 2 Nr. 17 / 55 (Or.)


3.2. Beurkundung eines Vertrags mit Kurmainz  vor dem Rabbinat zu  Bingen

Urkunde des Rabbinats für Rabbi Gedalia und Rabbi Kalonymos, die sich gegenüber ihrem Schutzherrn vertraglich unter dem Bann der Dreigemeinden zur Wohnung und Schutzgeldleistung in Bingen verpflichten.

1343, Pergamenturkunde in hebräischer Schrift: StAD, A 2 Nr. 17 / 56 (Or.)


3.3. Aufnahme des Juden David von Bachara-

ch als Judenbürger zu Bingen

Beispiel eines im Mainzer Raum üblichen Schutzbriefes, der ein dreijähriges Wohnrecht gegen einen jährlichen Zins von 20 Gulden gewährte. Die sog. Judenbürger- schaft wurde von Kurfürst Dietrich systematisch als Anreiz zur Ansiedlung verwendet.

1457, Pergamenturkunde mit Siegel: StAD, A 2 Nr. 17 / 354 (Or.)


3.4. Porträt des Mediziners Koppel Mehler zu  Bingen

Der der bekannten Binger Rabbinerfamilie Mehler entstammende Koppel wirkte nach seiner 1695 in Padua erfolgten Promotion als Arzt in Bingen. Das Porträt kündet von seinem hohen Ansehen als Mediziner, zeitweiliger Gemeindevorsteher und Mäzen.

18.Jh., Ölgemälde: Privatbesitz Prof. Dr. Dieter Bingen / Deutsches Poleninstitut Darmstadt (Foto des Or. aus dem Jewish Museum New York)


3.5. Ansicht der alten Judengasse in Bingen

Die zunächst dem Kurfürsten, ab 1492 dem Domkapitel unterstehende jüdische Gemeinde in Bingen blieb bis zum Ende des Alten Reichs bestehen. Sie war im Bereich der heutigen Rathausstraße gelegen, nicht aber als Ghetto abgeschlossen.

1827, Bleistiftzeichnung von J. B. Fay: StAD, R 4 Nr. 32.876 D


4.1.  Schutzbrief  des  Domstifts  Mainz  für  6  Juden zur Ansiedlung in Bingen

Der für Rabbi Seligmann von Andernach und 5 weitere Juden, u. a. aus Nürnberg und Neuß, ausgestellte gemeinsame Schutzbrief reagiert vermutlich auf Vertreibungen aus anderen Orten und bietet sehr günstige Aufnahmebedingungen in Bingen an.

1446, Pergamenturkunde mit Siegel: StAD, A 2 Nr. 17 / 296 (Or.)


4.2.  Kurmainzer  Regierungsverordnung  über  die Zuständigkeit des Rabbinatsgerichts

Zunehmende Eingriffe der Landesherren in die Autonomie der Gemeinden führten im 18. Jh. dazu, dass die Zuständigkeit der Rabbinatsgerich-

te in Zeremonialsachen ebenso wie bei innerjüdischen Streitigkeiten genauer geregelt werden mussten.

1773, zeitgenössischer Druck: StAD, E 3 E Nr. 2 / 27


4.3. Hessische Verordnung über den Abschluss  von Ehepakten durch Rabbinatsgerichte

Der landesherrlichen Kontrolle unterlag auch der Abschluss von Eheverträgen vor den Rabbinen. Es mussten Genehmigungen eingeholt werden, die nur bei Vorliegen von  bestimmten Formvorschriften erteilt wurden.

1788, zeitgenössischer Druck: StAD, G 26 A Nr. 113 / 28


4.4. Ehevertrag zwischen Mortge von Bleich-

enbach  und  Bohla,  Tochter  des  Seligmann  von  Lindheim

Der hier vor dem Amt Lindheim bestätigte Ehevertrag zwischen zwei Juden enthält Bestimmungen über das Heiratsgut, die Morgengabe und eine Bürgschaft des Isaak Seligmann zu Büdingen, Bruders der Braut.

1696, unterschriebene hebr. Ausfertigung und Übersetzung: StAD, F 23 A Nr. 628 / 12 Bl. 1–3


4.5.  Bescheinigung  der  Frankfurter  Rabbin-

er  über die Dienste der Esther von Bleichen-

bach

Die beiden Rabbiner Ascher Obernheim und

Moses Schabiera bestätigen in diesem Dokument, dass Esther bei dem Frankfurter Juden Nusam Adler Dienste geleistet und dafür drei Reichstaler erhalten habe.

um 1700, unterschriebene hebr. Ausfertigung und Übersetzung: StAD, F 23 A Nr. 628 / 12 Bl. 4–5


4.6. Jüdische Trauzeremonie im Ghetto

Das romantisierende Gemälde zeigt das Hochzeitspaar vor dem Rabbiner. Die Zeremonie findet in einem engen Hinterhof unter Beteiligung zahlreicher Gäste statt, möglicherweise im (1861 so nicht mehr bestehenden) jüdischen Ghetto in Frankfurt.

1861, Ölgemälde  „Die Hochzeit“ von Moritz Oppenheim, entnommen aus: Ruth Gay, Geschichte der Juden in Deutschland, 1993, Tf. VI


5.1. Besteuerung der hessischen Landjuden-

schaft zur Finanzierung des Schlossbaus zu 

Darmstadt

Die auf dem Landtag zu Gießen bewilligte

Steuer zum Schlossbau wurde auch auf die Juden umgelegt.

1715, gleichz. Abschrift: StAD, E 14 A Nr. 70 / 7, „ad 9“


5.2.  Beitrag  der  hessischen Landjuden-

schaft zum Regierungsantritt Landgraf Ludwigs X.

Liste der besteuerten Ämter und der jüdischen Gelderheber unter Angabe der Steuerhöhe, der bezahlten Gelder und der schuldigen Reste. Das denJudenabverlangte „Don Graduit“ war eine Sondersteuer aus Anlass der neuen Regierung.

1790, Tabellarische Abrechnung: StAD, G 17 Nr. 36 Bl. 16


5.3.  Einnahme­  und  Ausgabenrechnung  der  Landjuden  der  Obergrafschaft und  der 

Herrschaft Eppstein

Die von Josef Braunfels zu Darmstadt geführte „Ober-Einnehmerei-Rechnung“ verzeichnet alle Einnahmen und Ausgaben der gesamten gemeinen Stadt- und Landjudenschaft im Bereich der Ober- und Niedergrafschaft Katzenelnbogen.

1785, gebundener Band: StAD, G 17 Nr. 10 (22)


5.4. Siegel des landjudenschaftlichen 

Deputierten Bonum Callmann zu Darmstadt

Der Gebrauch von Ringsiegeln ist im 18. Jh. bei jüdischen Honoratioren allgemeiner gebräuchlich. Das von Bonum geführte Siegel enthält verschnörkelte Initialien und unterscheidet sich von dem nichtjüdischer Amtsträger in keiner Weise.

1791, Abdruck auf Bericht: StAD, G 17 Nr. 20 (32) Bl. 20v


5.5. Versammlung der kurhessischen 

Landjudenschaft in Gudensberg bei Kassel

Die Einladung zur Versammlung nach Gudensberg erfolgte durch die landgräfliche Oberrentkammer in Kassel. Es sollten dabei die judenschaftlichen Angelegenheiten geordnet, Rechnungen abgehört und

Beschwerden entgegengenommen werden.

1803, gleichzeitiger Druck: StAD, E 3 B Nr. 2 / 49

1.1. Privileg Kaiser Heinrichs VII. zur Ansied-

lung von Juden in Katzenelnbogen, Lichtenberg und Bieberau

Die Urkunde beinhaltet Privilegien für den Grafen Diether von Katzenelnbogen, darunter auch die Übertragung des Judenregals. Damit verzichtet er auf Rechte, die ihm kraft seiner über die Juden ausgeübten „Kammerknechtschaft“ zustehen.

1312, Pergamenturkunde mit Majestätssigel: StAD, B3 Nr.29 (Or.)


1.2. Ordnung zwischen Bischof, Domstift und Judenschaft zu Worms

Diese Ordnung setzt einen zwölfköpfigen Rat der autonomen jüdischen Gemeinde zu Worms unter der Leitung eines sog. Judenbischofs ein. Zugleich werden die Kontrollrechte des Bischofs präzisiert.

1312, Pergamenturkunde, beglaubigt 1363:StAD, A 2 Nr. 255/674 (Or.)


1.3. Die Reichsstadt Worms nach Matthäus Merian

Worms war eine der wenigen Reichsstädte, in der sich vom Mittelalter bis zum Ende des Reiches (und darüber hinaus) kontinuierlich eine jüdische Gemeinde befand. Sie hatte für die rabbinische Kultur und Verfassung eine große Bedeutung.

17. Jh., Kupferstich nach Merian: StAD, R 4 Nr. 31.417 (Or.)


1.4. Kaiserliche Bestätigung der von der Reichsstadt Worms 1699 der Judenschaft gegebenen Privilegien

Die unter dem Schutz Kaiser Karls VI. stehende und ihm zur Kronsteuer verpflichtete Wormser Judenschaft war durch den Pfälzischen Erbfolgekrieg in Mitleidenschaft gezogen und bedurfte zum Wiederaufbau einer Befreiung von Steuerlasten

1714, Pergamentheft mit kaiserlichem Siegel: StAD, A 2 Nr.255/2078 (Or.)


1.5 Porträt Landgraf Georgs II. von Hessen

Der in Darmstadt residierend Landgraf Georg II. war verantwortlich für die von den Landständen initiierte Vertreibung der Juden aus den Städten, konnte aber durch eine nachfolgende Judenordnung für eine Stabilisierung der Situation sorgen.

1627, Kupferstich: StAD, R 4 nR. 16. 166 ÜF (Or)


1.6.  Judenordnung  Landgraf  Georgs II.  von  1629

Die Judenordnung beendet einen längeren Streit um den Verbleib der Juden in der Landgrafschaft. Sie erweitert und verschärft die alte Ordnung von 1585, stellt aber auch eine Rechtsgrundlage für die Entstehung der Landjudenschaft dar.

1629, zeitgenössischer Druck (Heft): StAD, E 3 A Nr. 3  /  2 (Or.)


1.7.  Wetterauer  Dynastenbrakteat  mit  hebräischer Umschrift

Diese Münze ist ein Beleg für die frühe Ansiedlung von Juden im Herrschaftsgebiet des Reichsvogts Kunos I. v. Münzenberg (1151–1212). Der jüdische Münzmeister bzw. -pächter David ha Cahen stellt seinen Herrn Kuno als Beschützer und Richter für die Hilfe suchenden Juden dar.

um 1180, einseitig geprägter Hohlpfennig mit hebr. Umschrift („David ha Cahen“): Hess. Landesmuseum Darmstadt


2.1.  Schutzbrief  der  Burg  Friedberg  für  den  Juden Wolf aus Frankfurt

Die Rechtsstellung der Juden im Reich hing weitgehend von den Schutz- und Geleitbriefen ab, in denen Wohnrechte, Gewerbe- und Handelsbeschränkungen, Schutzgelder und Aufenthaltsbegrenzungen festgeschrieben wurden.

1430, Pergamenturkunde: StAD, B 5 Nr. 82 (Or.)


2.2. Die Reichsburg Friedberg nach Matthäus  Merian

Der Kupferstich zeigt links die Reichsstadt um die Pfarrkirche, rechts die Reichsburg mit Adolfsturm. Die Schutzrechte über die Juden hatte die Reichsburg inne; oberster Schutzherr blieb aber der Kaiser.

1646, Kupferstich nach Merians Topographia Hassiae:

StAD, R 4 Nr. 23.458 (Foto)


2.3.  Schutzbrief  Kurfürst  Friedrichs  von  der  Pfalz für den Oppenheimer Juden Lacus

In der in kurpfälzischem Pfandbesitz stehenden Reichsstadt Oppenheim siedelten einige Juden, deren Schutz teilweise als Burglehen weiter verliehen wurde. Dieser

Schutzbrief gibt seinem Empfänger eine bürgergleiche Stellung.

1463, Pergamenturkunde mit Siegel: StAD, A 2 Nr. 197 / 259 (Or.)


2.4. Die Reichsstadt Oppenheim nach Matthäus  Merian

Die Reichsstadt mit der beherrschenden Reichsburg Landskron blieb auch nach der Vertreibung der Juden aus der Kurpfalz wichtiger Wohnort für Juden, deren Schutzrechte lehnsweise teilweise durch die Familie von Dalberg ausgeübt wurden.

1645, Kupferstich nach Merians Topographia Palatinatus Rheni: StAD, R 4 Nr. 21.844 (Foto)


2.5. Burglehnsbrief Kurfürst Ludwigs III. von der

Pfalz über einen Anteil an der Judensteuer zu

Oppenheim

Seit dem 14. Jh. stand für die Inhaber des Judenschutzes die finanzielle Verwertbarkeit der Schutzrechte im Vordergrund. Burgleute von Burg Landskron (wie Johann Esel v. Bissersheim) erhielten als Entgelt für Burgdienste Anteile an der Judensteuer.

1407, Pergamenturkunde: StAD, A 5 Nr. 77 / 1 (Or.)


2.6. Aufnahme des Burkhard von Bergen zum  Judenbürger in Babenhausen

Diese Aufnahme zur Judenbürgerschaft dokumentiert die günstige Rechtsstellung der gräflich-hanauischen Juden in Babenhausen. Da kein eigenes Siegelrecht bestand, wurde der „Schutzrevers“ durch zwei ortsansässige Adelige besiegelt.

1437, Pergamenturkunde mit 2 Siegeln: StAD, A 1 Nr. 10 / 40


2.7. Notarieller Protest wegen Wahrnehmung

von Jurisdiktionsrechten nach Ermordung 

eines Juden

Ein Streit zwischen dem Stift Fulda und der Herrschaft Schlitz um das Recht zur Bestrafung von Beamtenübergriffen hatte hier seine Ursache darin, dass das Stift als Inhaber des Judenregals sich für Landfriedensbrüche gegen Juden zuständig fühlte.

1579, unbesiegeltes Notariatsinstrument auf Papier: StAD, F 23 A Nr. 632 / 6 (Or. des Entwurfs)


2.8. Innenansicht des Judenbads in Friedberg

Das Friedberger Judenbad (Mikwe) war neben der Synagoge seit dem Mittelalter Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde in der Reichsstadt. Im 19. Jh. wurde der romanische Steinbau Gegenstand romantischen Interesses.

19. Jh., Bleistiftzeichnung auf Karton: StAD, R 4 Nr. 32.709 (Zeitgenössisches Foto)

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